Wurmfrei, aber richtig!

Wurmfrei, aber richtig!

2. September 2020 Aus Von Administratorin

Endoparasiten beim Schwein sind eine never-ending Story und haben schon so manchen Praktiker frustriert. Wie sich anlässlich des sehr einprägsamen Vortrags von Dr. Nikolaus Böhm in St. Corona am Wechsel zeigte, sind es aber nicht unbedingt die Arzneimittel, die an vorderster Front für eine Verbesserung der Situation sorgen.

Es ist ein bekanntes Bild, das Ascaris suum hinterlässt: Spätestens im Schlachthof legen die Milk Spots ein eindrückliches Zeugnis über den Erfolg des Parasitenmanagements ab. Dr. Nikolaus Böhm, selbst im Fleischhof Raabtal in der Fleischuntersuchung aktiv, engagiert sich seit einigen Jahren für bessere Ergebnisse bei der Organbeurteilung und brachte es im Rahmen seines Vortrags auf den Punkt: „Bei manchen Partien weiß man schon, aus welchem Betrieb sie kommen, ohne auf die Ohrmarke zu schauen.“ Da sei es keine Seltenheit, dass 70-80 % der Lebern verworfen werden müssen. Keinerlei Strategie im Bezug auf Endoparasiten lautet da die einfache Blickdiagnose am Schlachthof. Als sich aber genau zwei der „Spitzenreiter-Betriebe“ eklatant verbesserten (von über 70 % Milk Spots zu ca 1,25 %), begann sich Böhm dafür zu interessieren, was sich in diesen Betrieben geändert hat.

Die Antwort ist so simpel wie enttäuschend: „Es liegt nicht an den Arzneimitteln. Beide Betriebe verwenden nach wie vor keine Medikamente zur Wurmbehandlung, sondern haben nur mit Hygienemaßnahmen eine radikale Verbesserung erzielt.“

Betrieb A tut dies mit einem Heißwasser-Hochdruckreiniger, mit dem der gesamte Maststall unmittelbar nach dem Ausstallen gründlich gereinigt wird. Desinfektionsmittel werden darüber hinaus nicht verwendet.

Betrieb B verwendet einen alkalisch schäumenden Gelreiniger, der nach dem Ausstallen auf sämtliche Oberflächen aufgebracht wird. Antiparasitika im klassischen Sinne werden auch hier nicht verwendet.

MilkspotsAlles rein, alles fein?

Gute Betriebshygiene kann also so manche medikamentöse Intervention ersetzen. Dies funktioniert aber nur, wenn es gelingt, die Schweine rechtzeitig vor der Re-Infektion auszustallen. Allgemein gilt, dass erst die Körperwanderung des Spulwurms zu relevanten Symptomen führt. Werden Milk Spots am Schlachthof befundet, ist davon auszugehen, dass die Infektion in den letzten sechs Wochen vor der Schlachtung stattgefunden hat. Um diesbezüglich Sicherheit zu haben, sollten Mastschweine direkt nach der Einstallung in Form einer Langzeitbehandlung über 10 Tage entwurmt werden (Flubendazol, Febantel). Idealerweise werden die Ferkel in den letzten 10 Tagen am Flatdeck behandelt, um wurmfreie Tiere in den Maststall zu transferieren. Ist die Infektionsrate im Betrieb nachweislich hoch, empfiehlt es sich, einen zweiten Behandlungszyklus, ca 6-7 Wochen nach der ersten Behandlung anzusetzen.

Spulwurm

Typisch: Dünne Darmwand mit hindurch schimmernden adulten Formen des Spulwurms.

Wurmstrategie für Zuchtsauen

Zuchtsauen sollte beim Parasitenmanagement besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden, auch wenn sie nicht unmittelbar einen schlechten Eindruck im Schlachthof abliefern werden. Hier wird entweder eine zweimal jährliche Routinebehandlung (Flubendazol, Febantel oder bei Räudeproblematik auch Ivermectin) durchgeführt, oder es erfolgt eine Entwurmung der Sauen vor dem Einstallen in das Abferkelabteil. Für letzteres kann im Zuge einer Injektionsanwendung mit Ivermectin 10-14 Tage vor dem Abferkeltermin die Übertragung der Parasiten von der Sau auf die Ferkel verhindert werden. Vor dem Umstallen hat es sich auch bewährt, die Sauen gründlich zu waschen.

Ein Wort zur Zoonose-Problematik

Ascaris suum ist nicht nur für Schweine lästig, er ist auch als Zoonose-Erreger bekannt. Dass dies kein alter Hut ist, sondern das Infektionsgeschehen beim Menschen nach wie vor aktuell ist, hat sich eine Gruppe rund um Karin Taus unter Unterstützung des Vereins der Freunde und Förderer der Schweinemedizin genauer angesehen. Die Studie wurde im August 2019 publiziert und legt ein eindeutiges Bild ab: Tierärzte, die mit Schweinen zu tun haben, haben ein überdurchschnittliches Risiko, sich mit A.
suum
zu infizieren. Unter den 261 Tierärzten, die im Rahmen der Studie untersucht wurden, betrug die Rate der Infizierten 44 %. Diese Zahl sollte – speziell auch den weniger einsichtigen Landwirten – zu denken geben. Eine Erkrankung beim Menschen kann sich über einen langen Zeitraum entwickeln und äußerst unangenehm werden.

Ein vernünftiges Endoparasitenmanagement muss daher nicht notwendigerweise Arzneimittel beinhalten. In diesem Fall muss es aber konsequent und äußerst gründlich verfolgt werden. Die schlechte Ertragslage im Fleischmarkt sollte keineswegs eine Begründung sein, weshalb die Behandlung unterlassen wird. Hier sind die Rückmeldesysteme der Schlachthöfe gefordert, um den Landwirten das nötige Feedback und die Standortbestimmung zu geben. 

Literatur: Taus et al.: Occupational swine exposure and Hepatitis E virus, Leptospira, Ascaris suum seropositivity and MRSA colonization in Austrian veterinarians, 2017–2018—A cross‐sectional study. Zoonoses Public Health Nov. 2019